Stolz und Verantwortung

Mit freundlicher Genehmigung des Plattlinger Anzeigers (idowa)

Die Wirtschaft giert nach Absolventen der Plattlinger EDV-Schulen - das hat seine Gründe, die aber nicht beliebig ausbaubar sind, sagt Schulleiter Prof. Dr. Martin Griebl

Von Roman Hiendlmaier

Plattling. Vor vier Wochen war es wieder soweit: Rund 30 Schüler der Plattlinger EDV-Schulen saßen im großen Saal gut einem Dutzend Unternehmensvertreter gegenüber.

„Firmenkontaktgespräch“ ist das alljährige Treffen überschrieben - was seit einigen Jahren die Ausgangslage nur noch unzureichend beschreibt. „Firmenbewerbungsgespräch“ würde es treffender beschreiben, was Vizeschulleiter Klaus Krieger organisiert, damit die rund 50 Absolventen einen Überblick über ihre beruÍichen Optionen bekommen können. „Tatsächlich ist es so, dass seit einigen Jahren die Nachfrage nach Absolventen übersteigt - sogar mit steigender Tendenz.“ In seinem hellen Büro sitzt Schulleiter Prof. Dr. Martin Griebl und blickt - natürlich - auf einen Monitor.

Rein kommt nicht jeder

Darauf stehen die Anmeldezahlen für das kommende Schuljahr in den beiden Zweigen der kommunalen Schule, deren Träger der Landkreis Deggendorf ist. OberÍächlich betrachtet, nähern sich beide Sparten der Maximalschülerzahl für das kommende Schuljahr, was für diese Jahreszeit nichts Ungewöhnliches ist. Ab September 2024 werden also wieder jeweils knapp 50 Schulneulinge die dreijährige Laufbahn zum Fachinformatiker in der Berufsfachschule beginnen. In der Regel sind das Realschüler oder M-Zügler mit Faible für Technik, aber auch Abiturienten, FOS-Absolventen oder Studienabbrecher.

Sie alle eint nicht nur, dass sie ein Auswahlverfahren aus Test und Gespräch durchexerziert haben, sondern nach Ansicht des Schulleiters etwas viel Wichtigeres: „Sie wollen hier an diese Schule und sie wissen, was hier verlangt wird.“

So ungewöhnlich für Außenstehende die große Nachfrage nach Absolventen sein mag, sagt Prof. Griebl. In der Bereitschaft, sich für die QualiÌkation reinzuhängen und einzubringen, liege eines der Erfolgsgeheimnisse dafür.

Das gelte auch für den zweiten Bereich, die Fachschule, in der bereits Ausgebildete in einem kaufmännischen Beruf, als Elektrotechniker nach einem Jahr Berufserfahrung erneut die Schulbank drücken. In zwei Jahren steigt ihr Wissen auf das Level „Staatlich geprüfter Wirtschaftsinformatiker – Bachelor Professional“. Über die Chancen danach sagt der Schulleiter: „Die können quasi frei entscheiden, bei welchem Arbeitgeber sie was machen möchten.“

Ein weiterer Baustein, auf dem die stabile Nachfrage ruht, sei die Qualität der praxisorientierten Ausbildung. „Die Schüler lernen hier das, was später in den Betrieben gefragt ist“, sagt Schulleiter Griebl. Das Wissen, was in der Wirtschaft buchstäblich „Stand der Technik“ sei, holen sich die Lehrer zum einen aus Fachpublikationen, aber auch aus Kontakten zu Unternehmensvertretern. Im besten Fall ist der Kontakt dabei ein altvertrauter: „Manche der Rekruter beim Firmenkontaktgespräch saßen vor ein paar Jahren noch auf der anderen Seite“, lächelt Martin Griebl.

Das zählt dann auch für den dritten Erfolgsfaktor - die Lehrer an den EDV-Schulen. Das diese ehrgeizig sind, was die Aktualität ihres Wissens anbelangt, hat ihnen der Schulleiter schon attestiert. Außerdem wichtig sei der Stil, die Atmosphäre, in der an der Schule gearbeitet werde: „Hier gilt nicht: Wir Lehrer wissen alles und ihr nichts - sondern hier gibt es eine Art Partnerschaft zwischen Schülern und Lehrern - weil beide ja letztlich dasselbe wollen.“ Viele Lehrer an der Schule seien selbst ausgebildete Informatiker, die den Drang verspüren, ihr Wissen weiterzugeben: „Es sind Spezialisten, die von den Schülern auch dafür anerkannt sind.“ Solche Experten an der Schnittstelle zwischen Einsteigern und Entscheidungsträgern seien ein rares Gut, sagt Griebl - die Gehälter, mit denen die Absolventen gelockt werden, gelten im Kontext auch für deren Ausbilder.

Über Qualität und Quantität

Womit man bei der Frage wäre, die der Schulleiter im Zuge des Nachfragebooms öfters zu hören bekommen hat: Warum bilden die EDV-Schulen nicht mehr aus? Antwort: „Weil das die Qualität der Ausbildung gefährdet könnte.“ Er fühle sich mit dem aktuellen Status der kleinen, feinen Ausbildungsschmiede sehr wohl, sagt der ehemalige Hochschuldozent, der in der Nische seine beruÍiche Erfüllung gefunden hat. Der quantitative Status quo der Schule sei durch die Zahl der Lehrer und die technische Ausstattung festgelegt, so Griebl. Die Technik könnte man mit entsprechendem Aufwand natürlich ausbauen. Allerdings sei der Mensch der limitierende Faktor was die Qualität angehe: „Bekommen wir weitere so motivierte Schüler? Und haben wir dann so viele passende Lehrer für sie?“

Diese Fragen sieht der Schulleiter nicht zufriedenstellend beantwortet - vor allem langfristige. Aktuell möchten drei Mal mehr Schüler an die Georg-Eckl-Str. 18, als letztlich aufgenommen werden. Dass man bei der Auswahl richtig liege, zeige die Abschlussquote von etwa 80 Prozent, die die Ausbildungen in der regulären Laufzeit absolvieren. Eine Ausweitung von zweizügig auf dreizügig würde die Streuung erweitern, was letztlich nicht im Sinne der Unternehmen sein könnte, wenn der aktuelle Qualitätslevel nicht mehr gehalten werde.

Woran’s (noch) mangelt

Nein, man sei hier schon sehr nahe am Optimum, möchte ein offenbar wunschlos glücklicher Schulleiter gerade sagen, als er ins Stutzen kommt: „Also ein großes Problem haben wir schon - und zwar nach wie vor: Wir haben viel zu wenig Mädchen.“ Man betreibe Werbung in den Schulen, sei auf Messen und habe einen Girls Day. Aber das Ergebnis sei ernüchternd: Nur rund zehn Prozent der Schüler sind weiblich. Dass die Schule von den Schülerinnen gute Noten bekomme, sei zwar erfreulich, aber selbst das Lob aus erster Hand änderte wenig daran, dass zu wenig Frauen an die Rechner wollen. Vielleicht liege es daran, dass Informatik als „zu unsexy“ oder „langweilig“ angesehen werde, mutmaßt der Schulleiter. Dabei sei mit dem hier erworbenen Grundwissen die Bandbreite der Jobs enorm - zu sehen etwa bei den Personalfachleuten.

Aber natürlich gebe man die Suche nicht auf und schließlich gebe es noch freie Plätze, lockt der Schulleiter. Auf das Know-how und die Kreativität der Frauen wolle man nur sehr ungern verzichten.

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